In einer Schrift aus dem Jahre 1877 erzählt Kommerzienrat Eugen von Boch aus Mettlach von dem Töpfermeister, der in seiner Kindheit Bruchstücke von Backsteinen entdeckt hatte. Diese fand er in einem Buchenwald "auf der Herst" zwischen Speicher und Herforst. Viel später erst, im Alter von 40 Jahren, kam Jacob Plein-Wagner auf den Gedanken, diese Stelle genauer zu untersuchen. Als er anfing, die untere Seite eines Schutthügels aufzugraben, stieß er auf festes Mauerwerk und hatte schnell einen kleinen gewölbten Gang aufgedeckt. Der Töpfermeister erkannte sofort, daß er hier einen altertümlichen Brennofen entdeckt hatte: von dem Ofen war lediglich der Unterbau erhalten. Der Feuerraum mit seiner Bedeckung und seinen Feuerkanälen war noch klar zu erkennen, der Brennraum allerdings verfallen. Dr. Hettner, Direktor des Provinzialmuseum zu Trier, leitete die weitere Ausgrabung und bestimmte den Fund als unzweifelhaft römisch.
In Folge entdeckte Jacob Plein einen zweiten Ofen. Ganze Hügel von Scherben römischer Gefäße verrieten ein grosses Trümmerfeld provinzialrömischer Töpfereien, lediglich von dünnem Waldboden bedeckt. Die vielen Scherben ließen erahnen, mit welchem Formenreichtum die Eifeler Römer ihre Waren herstellten: Sowohl das Bruchstück eines schmalen Bodens, wie auch die klassische Form des Bauches und der eleganten Henkel zeugten von der vergangenen Kunstfertigkeit.
Die Entdeckung der römischen Töpfereien blieb nicht ohne Folgen. Im Hause Plein-Wagner entstand eine geschichtlich aufgebaute Sammlung von Erzeugnissen der Speicherer Tonindustrie, welche die Familie bis heute erhalten hat. Sowohl Objekte der archäologischen Grabungen, wie auch Zufallsfunde, die in Tongruben oder bei Baumaßnahmen in Speicher zu Tage gefördert wurden, können in den Museumsräumen der Plewa-Werke besichtigt werden. Damals entstand gleichzeitig die Sammlung Peter Michels, deren Verbleib heute bis auf wenige Stücke leider nicht mehr nachvollzogen werden kann. Einige dieser Stücke, wie übrigens auch Keramik aus der Sammlung Plein-Wagner, wurden 1917 dem Provinzialmuseum Trier übergeben und werden zur Zeit im Heimatmuseum Speicher ausgestellt.
1902 gelang dem Töpfermeister Plein eine weitere Entdeckung. Er legte in den "Hohen Buchen" ein römisches Brandgrab frei. Dieses römische Urnengrab verbarg sich unter einer Sandsteinplatte, welche ein stark abgefahrener Weg im Laufe der Zeit zum Vorschein brachte. Noch heute, 100 Jahren später, spürt man die Erregung, die Jacob Plein empfunden haben muß, als er unter dieser Sandsteinplatte eine Urne mit den Überresten einer verbrannten Leiche fand.
Im gleichen Jahr, kurz vor dem Tod von Jacob Plein-Wagner, wurde im Mai-Heft der Zeitschrift "Die Rheinlande" ein Brief von dem Trierer Regierungspräsidenten Eduard zur Nedden veröffentlicht. Die Überschrift lautete "Ein Töpfermeister in der Eifel". Obwohl er durch eine Meisterprüfung diesen Titel niemals erwerben konnte, da man einen solchen zu jener Zeit im Regierungsbezirk Trier nicht ablegen konnte, wurde er seitdem "Töpfermeister der Eifel" genannt. Mit seinen Funden, insbesondere den beiden römischen Töpferöfen, initiierte er die Erforschung der Speicherer Tonindustrie und legte gleichzeitig den Grundstein für das heutige Museum.
Zur Zeit Jacob Plein-Wagner war die Südwesteifel stark geprägt von einer bäuerlichen Lebensweise. Bewahrung der Tradition und Skepsis gegenüber allem Neuen charakterisierten den Menschenschlag dieser Region. Politisch sehr wechselhaft, und wegen der Grenzlage und schlechten Infrastruktur, führte die Südwesteifel kulturell und technologisch ein Schattendasein. Trotzdem nahm Jacob Plein-Wagner Strömungen und Denkanstöße seiner Zeit auf: Er war Künstler, Forscher und vor allem Unternehmer, der seine Ideen eigenverantwortlich in Taten umsetzte, auch wenn er mit Traditionen brach.
Im Gegensatz zu den im 18. Jahrhundert aus dem Westerwald eingewanderten Töpfern, gehört die traditionsreiche Familie Plein zu den alteingesessenen Töpfern, die schon im Mittelalter in Speicher Steinzeug produzierten. So waren der Großvater Melchior und Urgroßvater Hubertus Krugbäcker. Der Bruder von Hubertus, Niklas, war 1783 Brudermeister der im Jahr 1485 gegründeten Eulner Bruderschaft. Erstmals wurden Mitglieder der Familie 1656 in einer Feuerstättenliste als "Krüger" geführt.
Jacob Plein-Wagner wurde 1836 als Sohn des Töpfers Johann Plein geboren. Seine Mutter, Anna Maria Remmy wie auch die Großmutter entstammten beide Töpferfamilien. Damals war es üblich, innerhalb des Berufsstandes zu heiraten. Dies hatte den praktischen Vorteil einer zusätzlichen, ausgebildeten Arbeitskraft, wurde aber auch von der Zunftordnung gefördert, um die Anzahl der Krugbäckerfamilien – und somit Konkurrenz – nicht anwachsen zu lassen. Die Folge war lediglich eine handvoll Familien, die dieses Handwerk ausübten.
Die Kindheits- und Jugendjahre von Jacob Plein-Wagner entsprachen den damaligen Lebens- und Arbeitsformen der Eifeler Krugbäckerfamilien. 1850, er war gerade vierzehn Jahre alt, töpferten drei männliche Familienmitglieder. Neben der Landwirtschaft besaß die Familie zwei Brennöfen und eine Töpferwerkstatt. Die Familie verteilt sich auf drei Haushalte in drei Wohnhäusern, welche in den Jahren 1826 bis 1840 erbaut wurden (Bild 2).
Da die Ehe von Nikolaus Plein und seiner Frau Angela kinderlos blieb, übernahmen sie die Erziehung des jungen Jacob, der ein guter Schüler und zudem künstlerisch begabt war. Offiziell lebte Jacob zwar noch im Haushalt seiner Eltern, verbrachte aber die meiste Zeit bei Großonkel und Tante, die ihn als Pflegesohn aufnahmen. Seine Tante Angela war vor ihrer Heirat die Haushälterin des volkstümlichen Speicherer Pastors München, der zwischen 1817 und 1858 als Pfarrer in Speicher tätig gewesen ist. Von daher ist anzunehmen, daß Jacob Plein in seinen Jugendjahren eine Beziehung zu dem legendären Pastor München hatte, die über die eines Pfarrkindes hinausging. Dies zeigt sich deutlich in einer plastischen Arbeit, die er von diesem Mann 1898 aus dem Gedächtnis modellierte. Auch war der Töpfermeister dafür bekannt, gerne Anekdoten über Pastor München zum Besten zu geben; er verehrte diesen Mann seit seiner Kindheit.
Mit 24 Jahren heiratete Jacob Plein die ein Jahr jüngere Katharina Wagner, Tochter eines Landwirtes aus Beilingen. Die junge Familie, welche sich rasch mehrte, lebte gemeinsam mit Großonkel und Tante in einem Haushalt. Elf Monate nach der Heirat wurde die Tochter Angela geboren. Fünfzehn weitere Kinder folgten in den nächsten siebzehn Jahren, von denen aber nur acht überlebten. Als sein Vater frühzeitig starb, mußte Jacob Plein-Wagner zusätzlich die Verantwortung für seine minderjährigen Geschwister und seine Mutter übernehmen.
1861 wurde Jacob Plein als Geselle seines Großonkels geführt, 1864 als Töpfer. Die Krugbäckerei betrieb er bis ins Jahr 1868 mit einem Gesellen und einem Ofen. Rechtlich hatte die Zunftordnung der Eulner Bruderschaft seit der französischen Revolution keine Bedeutung mehr, aber die Speicherer Krugbäcker hielten sich nach wie vor an deren Satzung: jedem Krügbäcker wurde lediglich ein Ofen und ein Geselle erlaubt. Im Jahr 1868 brach Jacob Plein-Wagner mit der vierhundert Jahre alten Tradition, verließ die Eulner Bruderschaft und gründete ein Dachziegelwerk. Nach kurzer Zeit beschäftigte er zwölf Arbeiter. Fünfzig Öfen wurden im Jahr gebrannt. Der anfängliche Erfolg der "salzglasierten Herzziegel" war nicht beständig. Die übermächtige Konkurrenz kostengünstiger roter Dachziegel verminderte den Absatz. Krankheit, die stetig wachsende Kinderschar und der Tod von Großonkel und Tante, belasteten die Familie zudem.
1884 entschloss sich Jacob Plein-Wagner, die mittlerweile unwirtschaftliche Dachziegelproduktion aufzugeben. Gemeinsam mit seinen drei erwachsenen Söhnen Nikolaus, Johann und Adam, kehrte er zur Krugbäckerei zurück. Aber die Umstände hatten sich geändert. Längst war der Übergang vom einfachen Hausbetrieb zur industriellen Fertigung vollzogen, so daß die neu entstehende Krugbäckerei mit modernster Technik ausgestattet wurde. Dieses Konzept war für die damals rückständige Süd-westeifel neu und erfolgreich. Neue Produkte wurden gesucht und gefunden. In großem Stil wurden nun diverse Erzeugnisse für den häuslichen und landwirtschaftlichen Bedarf aus salzglasiertem Steinzeug gefertigt. Einkochkonservenkrüge, Fruchtsaftfilter, Pökelfleischtöpfe mit luftdichtem Verschluss, automatische Geflügeltränken und nach wie vor verzierte Waren wie Vasen und Krüge, die im ausgehenden 19. Jahrhundert sehr beliebt waren.
Den eigentlichen Erfolg der jungen Firma Jacob Plein-Wagner begründete die patentierte Milchsatte, ein Produkt mit hohem Innovationsgrad für die bäuerliche Landwirtschaft. Milchsatten dienten der Milchentrahmung. Dieses Produkt wurde durch Jacob Plein-Wagner von Grund auf neu konzipiert und hinsichtlich Form, Funktion und Ausstattung optimiert. Eine Million Milchsatten wurden in den Jahren 1886 bis 1910 verkauft. Der Name Plein-Wagner galt als Gattungsbegriff für dieses Produkt.
m Jahr 1901, zwei Jahre vor seinem Tod , ließ Jacob Plein-Wagner sein Unternehmen als OHG unter dem Namen "Jac. Plein-Wagner-Söhne, Steinzeugfabrik in Speicher" eintragen. Kurze Zeit später übergab er noch zu Lebzeiten das Unternehmen seinen vier Söhnen Nikolaus, Johann, Adam und Jacob. Jacob, wesentlich jünger als seine drei Brüder, wählte das Ordensleben und verließ drei Jahre nach dem Tod seines Vaters das Familienunternehmen. Als Fr. Anastasius (besser bekannt unter seinem späteren Namen "Pater Hugo"), trat er 1905 in die Trappistenabtei Mariastern in Banjaluka, Bosnien ein. Pater Hugo machte seinem Familiennamen Plein alle Ehre, als er nach dem 1. Weltkrieg die Neugründung des Klosters Himmerod initiierte. Der umfangreichen Biographie dieser bemerkenswerten Persönlichkeit gebührt allerdings mehr Raum, als in diesem Rahmen vorhanden ist und wird an anderer Stelle erfolgen.
Neben seinem Wirken als Heimatforscher und Unternehmer schuf sich der Töpfermeister Plein-Wagner den nötigen Freiraum für kunsthandwerkliche und vor allem künstlerische Arbeiten. Seine Arbeitsutensilien waren neben den Händen die Töpferscheibe, Modellierholz und Hammer und Meißel.
Zu seinen wohl schönsten künstlerischen Arbeiten gehört ein liegender Löwe aus braunem Steinzeug, der im Jahr 1876 entstanden ist. Er trohnt noch heute über dem Kellereingang seines Geburtshauses, jetzt Teil des Plewa Verwaltungsgebäudes. Bei intensiver Betrachtung seiner Arbeit fällt auf, daß er der Tierplastik einen bemerkenswert menschlichen Gesichtsausdruck verliehen hat. Je nach Blickwinkel wirkt der Löwenkopf freundlich, leidend, hochmütig oder in sich ruhend. Gleiches gilt für eine Gruppe von 1898, die Pastor München (Pfarrer in Speicher von 1817 bis 1858) bei der Kinderlehre darstellt. Hätte der Töpfermeister dieser legendären Persönlichkeit, die er sehr verehrte, nicht posthum Gestalt verliehen, wüßte kein Speicherer wie Pastor München ausgesehen hat. 1871 wurden in der Mutterhauskirche in Trier vierzehn Kreuzwegstationen in die Seitenwände eingelassen und gesegnet. Beim Bau des Krankenhauses 1969 mußte die Mutterhauskirche weichen, aber die von Jacob Plein-Wagner modellierten Kreuzwegstationen befinden sich heute im Klostergarten der Borromäerinnen.
Eindrucksvoll blicken "Des Töpfermeisters letzte Studien", die er nicht mehr vollenden konnte.